Aus "Lupin`s Welt" - Kapitel 1
Wie der Wolf zum Menschen kam...
Ein Exkurs zum Ursprung des Zusammenlebens zwischen Mensch & Hund
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“Dass mir der Hund das Liebste sei, sagst du, oh Mensch, sei Sünde. Der Hund bleibt mir im Sturme treu, der Mensch nicht mal im Winde.”
(Arthur Schopenhauer)
Ein altes Sprichwort, das mich seit meiner Jugend begleitet und in keinem Vereinsheim fehlen durfte. Der Hund oder eher gesagt der domestizierte Wolf ist seit mehr als 30.000 Jahren der treue Begleiter des Menschen, ohne den die menschliche Entwicklungsgeschichte sicherlich anders verlaufen wäre. In erster Linie waren die Wölfe, wie viele andere Raubtiere, Nahrungskonkurrenten und eine Gefahr für unsere "fleischfressenden" Vorfahren, deren Welpen nicht mit einem schützenden Pelz auf die Welt kamen.
Es muss also Dinge geben, die den Canis Lupus mit dem Homo Sapiens seit Jahrhunderten verbindet, um ihn zu unserem Familienhund Canis Lupus familiaris, was nichts weiter bedeutet als "der gezähmte Wolf", werden zu lassen.
Wie kann man sich die erste Annäherung vorstellen? Zunächst waren sich beide wohl eher feindlich gesonnen…
Grundsätzlich ist es so, dass sich unsere beiden Spezies sehr ähneln. Beide leben in sozial gefestigten Strukturen, die zunächst wehrlosen Jungen werden gemeinsam innerhalb des Rudels versorgt und erzogen, die Beute gemeinsam gejagt und geteilt. Nach dem Satt sein wird ausgiebig geruht und gekuschelt. Die kleinen Welpen lernen ebenso wie Babys spielerisch ihre Umgebung kennen, lernen von den Eltern, Tanten und Geschwistern was "richtig" und was "falsch" ist. Daher passte sich der Wolf schnell an das Leben bei unseren Vorfahren an. Vorrausetzung hierzu ist eine effektive Kommunikationsform der Rudelmitglieder untereinander, die sich bis hin zur Entwicklung unseres Haushundes kaum verändert hat, nur dass die Hunde im Gegensatz zu Wölfen heutzutage in den verschiedensten, manchmal nervigen Tönen bellen. Das tun sie nicht, weil sie es müssten. Sie tun es, weil sie denken, dass wir sie dann besser verstehen.
Vielleicht war es ein rangniederes, sehr junges oder geschwächtes Tier, das sich einst an die Feuer der Menschen wagte und dort einige Abfälle stibitzte oder auch wohlwollend zugeworfen bekommen hatte. Vielleicht war es aber auch so, dass unsere Vorfahren einen zurückgelassenen Welpen aufgenommen haben? Das Kindchenschema war damals nicht anders als heute, sonst hätte unser Nachwuchs manche Zornesausbrüche der Eltern nicht überlebt ;-) Und mal ehrlich, welche Cro-Magnon Frau hätte einem kleinem, hilfebedürftigen Wollknäul-Welpen mit verzweifelten Knopfaugen wiederstehen können? Die Vorteile des Zusammenlebens mit dem Wolf, aus Sicht des Menschen, sind eindeutig auf sein Revier und Verteidigungsverhalten gegenüber seinem Menschenrudel zurückzuführen, „Mein Futter und meine Familie werden verteidigt, auch gegen den härtesten Gegner.“ Nicht nur das der Wolf, mit seinem hochentwickelten Geruchssinn, seiner Geschwindigkeit und seinem Mut, der perfekte Begleiter für die Jagd. Eine sinnvolle Synergie, basierend auf gegenseitigem Verständnis, Achtung und Respekt. Der Wolf profitiert vom Jagderfolg der Menschen sowie der Sicherheit und Orientierung innerhalb seines Menschenrudels, da nimmt das Wölfchen auch in Kauf, dass die lauten, auf zwei Beinen laufenden Nackwölfe oftmals die kleinsten Dinge nicht verstehen. Anschaulich und lebhaft erzählt durch die Autorin Jean Marie Auel in Ihrem Erdenkinder-Zyklus aus den 80ern. Ein Buchband, dass mich schon während meiner Studienzeit mehr faszinierte als Bilanzanalysen und Verfahrenstechnik.
Wie es auch gewesen sein mag, vor ca. 10.000 Jahren im Neolithikum, wurden die Menschen nach und nach sesshaft vom Jäger und Sammler zum Ackerbauern und Viehzüchter, sei es aufgrund der klimatischen Veränderungen oder weil sie mittlerweile mit ihren Jagdgefährten erfolgreich den Wald leergefressen hatten. ;-) Fakt ist, die gezähmten Wölfe trugen durch ihre besonderen Fähigkeiten ausschlaggebend zur erfolgreichen Ausbreitung des Menschen bei. Der Wolf ist das allererste Tier, das von Menschen gezähmt wurde. Der Schutz der Felder und Vieherden, die reichere Beute bei der Jagd, bewirkten ein höheres, sichereres Nahrungsangebot und somit für mehr Nachwuchs im Menschenrudel. Im Laufe der Jahrtausende entstanden verschiedene Rassen, wie z.B. vor 5000 Jahren der „Pharaonenhund“ im alten Ägypten, der seinem gottgleichen Herrn treu ergeben war, vor ca. 3000 Jahren der „Römerhund“, kluge und wachsame Tiere, die zum Aufspüren des Feindes im Krieg dienten oder beim Vorposten Wache hielten, mit ihm gemeinsam die Einsamkeit und Angst vertrieben. Je nach Region mit Bier oder Wein.
Nicht zu vergessen die zahmen Wölfe und späteren Haushunde, die dafür sorgten, dass die bebauten Felder bewacht und die Viehherden und ihr Menschenrudel geschützt wurden. Ohne ihren Mut, Anpassungsfähigkeit, Wehrhaftigkeit und bedingungslose Treue, wäre eine einigermaßen sichere Existenz für die Menschen unter den beschwerlichen Lebensbedingungen als Bauer und Viehzüchter nicht möglich gewesen. Vielleicht wären wir ausgestorben, schon als Homo neanderthalensis, aber die konnten zumindest schon mit Feuer die wilden Tiere beeindrucken.
Im Laufe der vielen Jahre des Zusammenlebens hat sich der Mensch diese Eigenschaften zu Nutze gemacht. Ob als Jagdhund für die edle Gesellschaft, als Schäferhund für die Viehherden, als Wachhund zur Verteidigung der menschlichen Territorien, als Beschützer der Gruppe und geduldiger, empathischer und selbstloser Tröster. In all diesen Fällen hatte die Spezies Hund eine Aufgabe gemäß seiner natürlichen Veranlagung und Triebe, die seinen Lebensinhalt füllten und im partnerschaftlichen Konsens mit dem Menschen einherging, durch Wind und Sturm.
Was bieten wir unter diesen Gesichtspunkten unserem modernen „Stadthund“?
Was auch immer wir Menschen mit dem Hund und seiner ergebenen Liebe zu uns Menschen veran- und verunstaltet haben, wir sind es ihnen schuldig, dass wir lernen wieder eine gemeinsame Sprache zu sprechen.
Literaturtipps zum Thema:
Erdenkinder-Zyklus um die Bände The Valley of Horses (1982, dt.: Ayla und das Tal der Pferde) von Jean M. Auel
Tödliche Freundschaft: Was wir den Tieren schuldig sind und warum wir ohne sie nicht leben können (2021)
von Florian Schwinn
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